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Rückblick zur Exkursion
Farne im Tüfels-Chäller Baden

vom Samstag 19.08.2023
unter der Leitung von Moritz Vögeli

Einstieg und Ermunterung

Moritz Vögeli, Dozent an der ZHAW in Wädenswil für Artenkenntnisse und ausgesprochener Freund der Farne, begrüsste seine "Studenten" gleich mit ermuntern Worten: "Die Farnbestimmung ist nicht schwierig, sondern nur etwas anders als bei den Blütenpflanzen". Anstelle von Blüten haben Farne Sori. Die Bestimmung mit den Sori sei schwierig, es gelinge besser mit den vegetativen Merkmalen. Denn das klappe in den meisten Fällen. So machten wir uns ganz unbefangen auf die Entdeckung der Farne im Tüfels-Chäller.

Der Tüfels-Chäller ist ein prähistorisches Erdrutschgebiet. Reiche Strukturen paaren sich mit unberührter Natur und die Farne gedeihen üppig. Es hat typische Waldfarne, auf umgestürzten Baumstämmen epiphytische Farne und nochmals andere Farnarten auf Felsblöcken. Die Rhizome der Farne sind an den jeweiligen Lebensraum angepasst. Und auf diesem Weg können auch die Farnarten angesprochen werden.

Waldfarne

Im Gebiet fielen unzählige, überaus kräftige und schön ausgebildete Gelappte Schildfarne (Polystichum aculeatum (L.) Roth) auf. Die lederartigen grünen Farnwedel überwintern und verdorren erst, wenn sich bereits neue Triebe gebildet haben. Die Ansatzstellen der letztjährigen Triebe bleiben oberirdisch sichtbar, so dass sich das Rhizom über dem Boden weiter aufbaut. Vier Arten Wurmfarne (Dryopteris sp.) sowie der Frauenfarn (Athyrium filix-femina (L.) Roth) säumten ebenfalls unseren Weg.

Farne in Felsritzen und auf Gesteinsblöcken

Zarte und feingliedrige Farne bevorzugen Mauern, Felsritzen und Gesteinsblöcke. Im Tüfels-Chäller war es zum einen der Zerbrechliche Blasenfarn (Cystopteris fragilis (L.) Bernh.) und zum andern der Braunstielige Streifenfarn (Asplenium trichomanes L.). Zu letzterem zählen vier Unterarten, welche nach neueren Erkenntnissen selbständige Arten sind. Drei dieser Unterarten sind auch im Tüfels-Chäller vorhanden. Der Tetraploide Braunstielige Streifenfarn (Asplenium trichomanes subsp. quadrivalens D.E.Mey) hat eine breitere ökologische Amplitude als die anderen Unterarten. Denn er nimmt nicht nur mit Gesteinen Vorlieb, sondern besiedelt auch humusreichere Böden oder als Epiphyt bemooste Baumstämme. Nicht im Gebiet ist der Kalkmeidende Braunstielige Streifenfarn (Asplenium trichomanes L. subsp. trichomanes) im Gegensatz zu den anderen beiden, dem Dickstieligen (Asplenium trichomanes subsp. Pachyrachis (Christ) Lovis & Reichst.) und dem Geöhrten Braunstieligen Streifenfarn (Asplenium trichomanes subsp. hastatum (Christ) S. Jess.).


Die unverwechselbare Hirschzunge (Phyllitis scolopendrium (L.) Newman) nimmt ebenfalls mit steinigem Substrat Vorlieb, wie sein häufiges Auftreten in Ziehbrunnen zeigt. Im Tüfels-Chäller ist sie auffällig oft beisammen mit den Tüpfelfarnen auf vermodernden Baumstämmen anzutreffen.

Farne als Epiphyten

Auf bemoosten, umgestürzten Baumstämmen versammeln sich die geheimnisvollen Tüpfelfarne (Polypodium), deren Sori als Tüpfel durch die Wedel schimmern. Ihr grösstes Geheimnis verbirgt sich unter der Erde. Es sind ihre bitter-süss schmeckenden Rhizome, welche als Engelsüss Heilmittel gegen Husten und Heiserkeit ist. In der Volksmedizin wurde es auch gegen Gicht, Leberkrankheiten und Darmwürmer gebraucht. Im Gebiet sind zwei Tüpfelfarne vorhanden: Gemeiner Tüpfelfarn (Polypodium vulgare L.) und Gesägter Tüpfelfarn (Polypodium interjectum Shivas). Die beiden sind recht schwierig zu unterscheiden und kreuzen sich erst noch untereinander.

Die vier Unterarten bzw. Arten vom Braunstieligen Streifenfarn:

  • Tetraploider Braunstieliger Streifenfarn (Asplenium trichomanes subsp. quadrivalens D.E.Mey. = A. quadrivalens (D.E.Mey.) Landolt)

  • Geöhrter Braunstieliger Streifenfarn (Asplenium trichomanes subsp. hastatum (Christ) S. Jess.) = A. jessenii H.M.Liu & H.Schneid)

  • Dickstieliger Braunstieliger Streifenfarn (Asplenium trichomanes subsp. pachyrachis (Christ) Lovis & Reichst. = A. csikii Kuemmerle & András.)

  • Kalkmeidender Braunstieliger Streifenfarn (Asplenium trichomanes L. subsp. trichomanes) = A. trichomanes s.s.)

    Siehe Kessler M., Zenner G. (2021): Die Asplenium trichomanes-Gruppe in der Schweiz

     

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Gelappter Schildfarn

(Polystichum aculeatum (L.) Roth)

Wedel: Doppelt gefiedert.

Besonderes: Fiederchen an der

Basis mit Ausbuchtung in

Richtung Fiederspitze ("Daumen hoch"). Leitbündel rund ("Spaghetti").

 

Waldfarn

Wuchs mit trichterförmiger Anordnung der Wedel.

Rhizom aufrecht.

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Echter Wurmfarn (Dryopteris filix-mas (L.) Schott)

Wedel: Ein- bis zweifach gefiedert.

Umriss Wedel/Länge Stiel: deutlicher Stiel vorhanden, Basis nur leicht verschmälert.

Besonderes: Leitbündel rund ("Spaghetti").

Waldfarn

Wuchs mit trichterförmiger Anordnung der Wedel.

Rhizom aufrecht.

DryoDila_Lf_1_ste_lbl.jpg

Breiter Wurmfarn (Dryopteris dilatata (Hoffm.) A. Gray)

Wedel: Dreifach gefiedert.

Umriss Wedel/Länge Stiel: Wedel mit langem Stiel, Dreieckiger Umriss.

Besonderes: Leitbündel rund ("Spaghetti").

Waldfarn

Wuchs mit trichterförmiger Anordnung der Wedel.

Rhizom aufrecht.

DryoAffi_Lf_1_ste_lbl.jpg

Schuppiger Wurmfarn

(Dryopteris affinis (Lowe) Fraser-Jenk.)

Wedel: ein- bis zweifach gefiedert.

Schuppen: relativ starke Beschuppung auch an der Spindel im oberen Wedelbereich.

Besonderes: Grösste Fiederspindeln an der Basis untenseits violett ("violetter Punkt"). Leitbündel rund ("Spaghetti").

 

Waldfarn

Wuchs mit trichterförmiger Anordnung der Wedel.

Rhizom aufrecht.

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Dorniger Wurmfarn (Dryopteris carthusiana (Vill.) H. P. Fuchs)

Wedel: Doppelt gefiedert.

Schuppen: einfarbig, blass braun.

Besonderes: Leitbündel rund ("Spaghetti").

Waldfarn

Wuchs mit trichterförmiger Anordnung der Wedel.

Rhizom aufrecht.

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Wald-Frauenfarn (Athyrium filix-femina (L.) Roth)

Wedel: Doppelt bis dreifach gefiedert.

Umriss Wedel/Länge Stiel: Wedel kurz gestielt. Wedel unten schmal, breiteste Stelle etwa in der Mitte des Wedels. Besonderes: Leitbündel bandförmig ("Nudeln").

Waldfarn

Wuchs mit trichterförmiger Anordnung der Wedel.

Rhizom aufrecht.

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Gemeiner Tüpfelfarn (Polypodium vulgare L.)

Wedel: fiederschnittig.

Wedel 4-5mal so lang wie breit, bis fast auf die Spindel fiederschnittig.

 

Farn an eher flachgründigen Standorten oder epiphytisch

Wuchs in ungeordneter Formation der Wedel.

Rhizom kriechend. "Engelsüss".

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Gesägter Tüpfelfarn (Polypodium interjectum Shivas)

Wedel: fiederschnittig.

Wedel nur 1,2-2,5(-3)mal so lang wie breit. Abschnitte meist scharf gezähnt.

Farn an eher flachgründigen Standorten oder epiphytisch

Wuchs in ungeordneter Formation der Wedel.

Rhizom kriechend. "Engelsüss".

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Zerbrechlicher Blasenfarn (Cystopteris fragilis (L.) Bernh.)

Wedel: einfach gefiedert

 

Farn in Felsritzen und auf Gesteinsblöcken

Wuchs mit dichten, unregelmässig angeordneten Wedeln, "Rosette" bei jungen Pflanzen.

Gestauchtes, kriechendes Rhizom.

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Hirschzunge (Phyllitis scolopendrium (L.) Newman)

Wedel: nicht gefiedert.

 

Farn in Felsritzen und auf Gesteinsblöcken

Wuchs mit dichten, unregelmässig angeordneten Wedeln.

Gestauchtes, kriechendes Rhizom.

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Braunstieliger Streifenfarn (Asplenium trichomanes L.)

Wedel: einfach gefiedert.

Besonderes: Vier Unterarten (bzw. neu Arten). Im Gebiet sind drei vorhanden, nämlich der Tetraploide, der Geöhrte und der Dickstielige Braunstielige Steifenfarn.

Farn in Felsritzen und auf Gesteinsblöcken

Wuchs mit dichten, unregelmässig angeordneten Wedeln, "Rosette" bei jungen Pflanzen.

Gestauchtes, kriechendes Rhizom.

Bilder: ab www.infoflora (Stefan Eggenberg, Flora Helvetica, Haupt Verlag) und Gertrud Burger

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