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Exkursionsrückblick
Orchideenschlossberg Küssaberg

vom Samstag 17. Mai 2025
unter der Leitung von Vreni und Fredy Forster

Kleines Dorf im Sog der Weltgeschichte

Das kleine Dorf Küssnach ist heute ein Ortsteil der politischen Gemeinde Küssaberg, welche gemäss www.kuessaberg.info am schönen Hochrhein am Fusse des südlichen Schwarzwalds direkt an der Grenze zur Schweiz liegt. Küssnach war einst vermutlich eine römische Siedlung. Wie andere Ortschaften auch, geriet es in der jüngeren Vergangenheit in den Sog der Weltgeschichte. Bezeichnenderweise war die Begrüssung durch Vreni und Fredy Forster im Friedhof von Küssnach. Auf einem zentralen Kreuz wird hier all den in beiden Weltkriegen verstorbenen Küssnachern gedacht. Viele Haushalte waren betroffen. Ganz besonders aber die Familie Doll, die ein Grossteil der Orchideenwiesen am Schlossberg der Küssaburg besass. Von ihren fünf Söhnen waren vier im zweiten Weltkrieg gefallen. Der fünfte kam aus der Kriegsgefangenschaft zurück und bewirtschaftete das Land noch einige Jahre, bevor die Landwirtschaft dann aufgegeben wurde.

Keine gute Acker- und Futterbaulage

Die Orchideenwiesen am Schlossberg wurden seit Menschengedenken extensiv bewirtschaftet. Die teilweise sehr steile Lage und der magere Kalkboden lohnten nicht, das mühsame Ausbringen von Gülle oder Stallmist auf sich zu nehmen. Dieser wertvolle Dünger wurde lieber auf der gegenüberliegenden Talseite ausgebracht, wo er wirkungsvoll dem Futter- oder auch Ackerbau diente. Man kann also gut davon ausgehen, dass auf dem Schlossberg seit mindestens 100 Jahren nicht mehr gedüngt wurde.

​Die Orchideenwiesen wurden aber auch genutzt, nämlich zur Heugewinnung. Vor der Mahd seien die Orchideen am Vorabend ausgerupft worden. Weshalb? Wegen möglicher Beeinträchtigung der Futterqualität? Oder ging man irrtümlich davon aus, dass die Orchideen giftig sind, wie die hier auch bekannte Herbstzeitlose (Colchicum autumnale L.), die aber gar nicht zu den Orchideen zählt?

Heute ein Naturschutzgebiet

Nach der Aufgabe durch die Familie Doll fand kein Landwirt Interesse an der Bewirtschaftung. Die Wiesen begannen zu verbuschen und bedrängten die Orchideenvielfalt. Bis 1981 ein August Ammann aus dem nahegelegenen Rheinheim die Initiative zur Rettung der Orchideenwiesen ergriff. 1983 wurde dann die Naturschutzgruppe Küssaberg e.V. von drei Küssaberger Bürgern gegründet. Nebst anderen Naturschutzaufgaben ist die Haupttätigkeit des Vereins nach wie vor die Pflege der Orchideenwiesen. Diese Halbtrockenrasen auf Kalk nehmen die grosse Fläche von etwa 12 Hektaren ein.

Umsichtige Planung der Mahd

Nicht jedes Jahr kann die ganze Fläche geschnitten werden. In einem Turnus wird jährlich jeweils etwa ein Drittel gemäht. Der Schnittzeitpunkt richtet sich nach der Blütezeit der Leitarten in der ausgewählten Mähparzelle. Bei spät blühenden Arten wird früh gemäht und umgekehrt. Die Mahd ist wegen des steilen Geländes anspruchsvoll. Zur Erleichterung wird auch auf moderne Mähtechnik mit Mährobotern gesetzt. Vreni und Fredy Forster waren seit Beginn weg mit Herzblut dabei, helfen heute noch bei der Pflege und machen Führungen. Dank diesem gemeinsamen Engagement kommen im Gebiet etwa 25 Orchideenarten vor.

Umtrunk und Abschluss am Orchideenplatz 1

Die Bezeichnung des Dorfplatzes im malerischen Küssnach verdeutlicht die Wertschätzung der lokalen Bevölkerung ihren Orchideen gegenüber. Im gemütlichen Gasthaus Küssaberg rundeten wir eine eindrucksvolle Exkursion ab. Wir sagen ein grosses Dankeschön an Vreni und Fredy. Sie haben mit uns ihre grosse Verbundenheit zu einem ganz besonderen Lebensraum geteilt, die nun in uns weiter gedeihen kann. 

25 Orchideenarten wurden im Gebiet schon beobachtet - 10 davon haben wir an der Exkursion entdeckt

Weisses Waldvögelein (Cephalanthera damasonium (Mill.) Druce) - Bocks-Riemenzunge (Himantoglossum hircinum (L.) Spreng.) - 

Helm-Knabenkraut (Orchis militaris L.) - Hummel-Ragwurz (Ophrys holosericea (Burm. F.) Greuter) Rchb.) -

Fliegen-Ragwurz (Ophrys insectifera L.) - Purpur-Knabenkraut (Orchis purpurea Huds.)

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Grosses Zweiblatt (Listera ovata (L.) R. Br.) - Kleine Spinnen-Ragwurz (Ophrys araneola Rchb.) - Schwärzliches Knabenkraut (Orchis ustulata L.) - Grünliches Breitkölbchen (Platanthera chlorantha (Custer) Rchb.)

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Fotografien: Gertrud Burger, Küssaburg 17.05.2025

SW-Zeichnungen: S. Eggenberg, Flora Vegetativa ab www.infoflora.ch

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Botanikgruppe Aargau - seltene

Wildpflanzen kennen, schützen und fördern.

© 2019 ff, 05.07.2025

Bilder, wenn nicht anders erwähnt: Gertrud Burger

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